Die Zahlen wirken widersprüchlich: Knapp jeder fünfte Neuwagen fährt inzwischen elektrisch, doch der große Wandel bleibt aus. Die neue Civey-Umfrage im Auftrag des „ACV“ zeigt, was Fachleute seit Jahren beobachten: Elektromobilität scheitert nicht an der Technik, sondern an den Vorstellungen derer, die sie noch nicht nutzen. Viele der angeblichen Hürden sind längst widerlegt – nur angekommen sind diese Erkenntnisse bei den Verbrennerfahrern nicht.
Preisdebatten ohne Blick auf die Realität
Dass der Preis nach wie vor als größtes Hindernis genannt wird, ist nachvollziehbar: Elektroautos sind in der Anschaffung teurer. Gleichzeitig fehlt oft der Blick auf laufende Kosten. Strom statt Sprit, weniger Verschleiß, geringere Wartung – wer elektrisch fährt, spart auf Dauer. Doch der Diskurs bleibt auf dem Anschaffungspreis stehen, als wäre dieser allein entscheidend. Genau hier zeigt sich das größte Missverständnis: Elektromobilität muss nicht nur leistbar werden, sie ist es in vielen Fällen bereits. Modelle werden günstiger, Batterien langlebiger und der Gebrauchtmarkt wächst.
Infrastruktur: Die Angst vor dem Stehenbleiben – ein Lernproblem
68 Prozent der Verbrennerfahrer fürchten, mit einem E-Auto wegen fehlender Lademöglichkeit liegenzubleiben. Unter E-Autofahrern glauben dies nur 37 Prozent. Dieser Kontrast spricht Bände: Wer elektrisch fährt, erlebt im Alltag, dass Reichweite und Ladeinfrastruktur reichen – nicht theoretisch, sondern praktisch. Das vermeintliche Risiko entsteht vor allem in Köpfen, die sich nie selbst darauf einlassen mussten. Fakten gehen unter, Erfahrungen fehlen, und so bleibt die Skepsis dauerhaft höher als notwendig.
Reichweite: Ein Problem von gestern
Der Blick auf ältere Modelle prägt weiter die Debatte. 65 Prozent der Verbrennerfahrer halten E-Autos für längere Strecken ungeeignet. Dabei zeigen moderne Modelle längst Reichweiten, die viele Privatnutzer nie ausschöpfen. Die meisten Menschen fahren im Alltag kaum mehr als 40 Kilometer pro Tag. Dennoch hält sich das Bild vom angeblich unpraktischen Elektroauto zäh – ein Relikt aus einer Phase, die technisch längst überwunden ist.
Politik muss Vertrauen schaffen, nicht nur Regeln
Die Ergebnisse zeigen einen klaren Auftrag: Die Elektromobilität funktioniert für diejenigen, die sie nutzen. Die Politik muss nun verlässlich handeln und Rahmenbedingungen schaffen, die dieses Vertrauen stützen. Unsichere Fördermodelle, widersprüchliche Signale und langwierige Ausbaupläne helfen nicht. Infrastruktur, Verfügbarkeit und Kosten müssen planbar bleiben, damit die Verkehrswende nicht an Kommunikationsdefiziten scheitert.
Fazit: Die Technik ist bereit – die Gesellschaft muss nachziehen
Die Elektromobilität wird nicht an Ladepunkten scheitern, sondern an Mythen, die längst widerlegt sind. Wer elektrisch fährt, sieht Chancen und Alltagstauglichkeit. Wer es nicht tut, sieht Risiken. Genau hier beginnt die Aufgabe der Verkehrswende: Fakten stärken, Unsicherheiten abbauen und zeigen, dass Fortschritt nicht wartet. Elektroautos funktionieren – die Frage ist nur, wann die Mehrheit bereit ist, es zu akzeptieren.

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