Offiziell sind die Daten längst gelöscht – in Wahrheit lebt die Akte weiter. Wer in Deutschland einmal in einer finanziellen Krise steckte, wird sie oft nie ganz los. Die Schufa und andere Wirtschaftsauskunfteien speichern Informationen weiter, selbst wenn das Insolvenzverfahren längst beendet und aus öffentlichen Registern entfernt ist.
Das Prinzip ist perfide: Kaum ist ein Eintrag gelöscht, fließt die gleiche Information über andere Kanäle wieder in die Datenbanken zurück – über Banken, Vertragspartner, Vermieter oder Bonitätsabfragen. So entsteht ein Kreislauf aus Datenschatten, der jeden Versuch eines wirtschaftlichen Neuanfangs unterläuft.
Gerichtsstreit mit Signalwirkung
Der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 97/25) muss nun entscheiden, ob diese Praxis überhaupt rechtens ist. Konkret geht es darum, ob Auskunfteien Daten über abgeschlossene Insolvenzverfahren drei Jahre lang speichern dürfen, obwohl das amtliche Insolvenzportal sie bereits nach sechs Monaten löscht.
Doch unabhängig vom Urteil steht ein größerer Skandal im Raum: Die private Dauerüberwachung wirtschaftlicher Vergangenheit. Wer einmal in den Datenbanken der Schufa landet, bleibt es oft – auf Jahre hinaus.
Vom Schutzsystem zur digitalen Vorverurteilung
Was einst zur Risikoeinschätzung für Banken gedacht war, ist heute ein strukturelles Kontrollsystem. Die Schufa entscheidet, wer einen Kredit bekommt, wer eine Wohnung mieten darf oder wer ein Handy auf Raten kaufen kann. Dabei arbeitet sie mit einem Algorithmus, der niemandem Rechenschaft schuldet.
Dass die Bundesregierung tatenlos zusieht, während Millionen Bürger durch undurchsichtige Bewertungssysteme benachteiligt werden, ist ein politisches Versagen. Denn die Schufa speichert nicht nur, sie reproduziert Fehler, verlängert Stigmata und handelt nach eigenen Regeln.
Fairness sieht anders aus
Wer seine Schulden bezahlt, sollte nicht weiter wie ein Risiko behandelt werden. Alles andere ist ein Angriff auf die Idee des zweiten Anfangs – und auf den Datenschutz selbst. Es braucht klare gesetzliche Löschfristen, transparente Bewertungslogiken und eine unabhängige Aufsicht, die wirtschaftliche Macht nicht länger über bürgerliche Rechte stellt.
Denn solange die Schufa unkontrolliert Daten hortet, bleibt sie das, was sie längst ist: eine private Schattenbehörde mit öffentlicher Wirkung.

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