XY-Preis 2025: Drei Freunde, eine Pflegerin, ein Elektriker – wenn Zivilcourage Leben rettet

XY-Preis (über ZDF/Jule Roehr)
XY-Preis (über ZDF/Jule Roehr)

Mit dem XY-Preis 2025 würdigen das ZDF und die Produktionsfirma Securitel erneut Menschen, die in Extremsituationen nicht weggeschaut, sondern gehandelt haben. In Berlin ehrte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt als Schirmherr die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger:

  • das Freundestrio Paul Christoph Georg, Elias Christofer Linz und Emma Maria Tuscher aus Frankfurt,
  • die Pflegerin Inna Rommelfanger aus Verden,
  • sowie den Industrieelektriker Thomas Köpplin aus Schweinfurt.

Sie alle haben in hochgefährlichen Situationen besonnen reagiert, Leben gerettet und dazu beigetragen, gefährliche Täter zu stoppen.

Ein Preis für Mut im Alltag

Der XY-Preis wird seit 2002 jährlich vergeben und ist mit jeweils 10.000 Euro dotiert. Er zeichnet Menschen aus, die sich in besonders mutiger, aber zugleich überlegter Weise für andere eingesetzt haben – oft spontan, ohne Vorbereitung und unter hohem persönlichem Stress.

Ausgelobt wird der Preis vom ZDF und der „Aktenzeichen XY… Ungelöst“-Produktionsfirma Securitel. Er ist inzwischen ein fester Bestandteil der Sendungsmarke „Aktenzeichen XY… Ungelöst“ und soll auch ein Signal in Richtung Kriminalprävention senden: Zivilcourage kann Verbrechen stoppen – wenn sie klug und sicher ausgeübt wird.

Die diesjährigen Preisträger werden am Mittwoch, 26. November 2025, um 20.15 Uhr in der Live-Ausgabe von „Aktenzeichen XY… Ungelöst“ vorgestellt.

Frankfurt: Drei junge Menschen stoppen einen Serienstraftäter

In einer Nacht Ende Mai 2023 kreuzen sich in Frankfurt-Alt-Sachsenhausen mehrere Lebenswege auf dramatische Weise. Eine 27-Jährige ist auf dem Heimweg, als sie von einem Mann verfolgt, brutal überfallen und zu Boden gedrückt wird. Er entreißt ihr das Handy und versucht, sie zu vergewaltigen.

In Hörweite sind Paul Christoph Georg (23), Elias Christofer Linz (24) und Emma Maria Tuscher (23) unterwegs. Als sie panische Schreie hören, reagieren sie ohne Zögern: Sie rennen auf die Situation zu, woraufhin der Täter von der Frau ablässt und flieht. Elias nimmt sofort die Verfolgung auf, während Emma sich um das schwer verletzte Opfer kümmert und den Notruf wählt. Paul vergewissert sich kurz, dass die beiden Frauen stabil sind – und eilt dann seinem Freund hinterher, um gemeinsam weiter Druck auf den Täter auszuüben.

Rund 15 Minuten lang verfolgen Paul und Elias den Täter quer durch die Stadt – in ständigem Kontakt mit der Polizei, mit Abstand, aber ohne nachzulassen. Schließlich können Polizeikräfte den Mann festnehmen. Die junge Frau hat schwere Kopfverletzungen, überlebt aber.

Vor Gericht stellt sich heraus: Der 35-Jährige ist ein polizeibekannter Sexualstraftäter. Er wird zu sechs Jahren und einem Monat Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft macht klar: Ohne das Eingreifen der drei Freunde wäre die Tat nicht verhindert und der Täter womöglich nicht so schnell gefasst worden.

Die Jury würdigt die klare Rollenaufteilung, das strukturierte Vorgehen und den Mut, Verantwortung zu übernehmen – ohne kopflos in Gefahr zu rennen. Das Trio habe nicht nur eine versuchte Vergewaltigung gestoppt, sondern wahrscheinlich weitere Taten verhindert.

Verden: Eine Pflegerin stellt sich einem brutalen Messerangriff

Mai 2024 in Verden: Pflegerin Inna Rommelfanger nutzt ihre Mittagspause, um kurz bei ihrer Mutter vorbeizufahren. Auf dem Rückweg hört sie Schreie, schaut hin – und sieht, wie ein Mann mitten auf der Straße auf eine Frau einsticht. Viele Menschen werden Zeugen dieser Szene. Doch zunächst reagiert niemand. Inna Rommelfanger entscheidet sich innerhalb von Sekunden: nicht wegsehen, sondern handeln.

Sie fährt mit erhöhter Geschwindigkeit näher heran, ruft dem Mann zu, versucht ihn abzulenken, wirft Gegenstände aus dem Auto – Eier, einen Kaffeebecher –, alles, was sie griffbereit hat. Der Täter ist im Tunnel, lässt nicht von der Frau ab.

Während der Angriff weitergeht, gelingt es dem Opfer, an das Messer zu kommen und es aus der Hand des Mannes zu drehen. In diesem Moment tritt Inna den Täter weg, bringt die Waffe außer Reichweite und hilft der schwerverletzten Frau auf den Beifahrersitz ihres Autos.

Doch selbst dann attackiert der Mann weiter, schlägt durch das offene Fenster, versucht, sein Opfer zu würgen. Erst als es Inna gelingt, das Auto zu starten und mit der Frau zu fliehen, ist sie vorerst in Sicherheit.

Die spätere Bilanz ist erschütternd: Die 36-jährige Frau wurde von ihrem Ex-Partner mit insgesamt 49 Messerstichen lebensgefährlich verletzt. Sie überlebt nur, weil Sekunden entschieden – und weil Inna Rommelfanger nicht wegschaut, sondern konsequent eingreift, die Polizei alarmiert und die schwer verletzte Frau schließlich selbst ins Krankenhaus fährt.

Die Jury betont den außergewöhnlichen Mut der 35-Jährigen: Sie habe hochgradige Gewalt miterlebt, dennoch überlegt gehandelt, die eigene Sicherheit im Blick behalten und gleichzeitig alles getan, um das Opfer zu retten. Ihr Handeln sei „herausragende Zivilcourage“.

Schweinfurt: Ein Industrieelektriker verhindert Entführung und möglichen Femizid

Ende Juli 2024, früh morgens in Bergrheinfeld bei Schweinfurt: Thomas Köpplin, Industrieelektriker, ist auf dem Weg zur Arbeit. Die Straßen sind leer, als er plötzlich eine verstörende Szene sieht: Ein blutüberströmter Mann zerrt eine ebenfalls stark blutende, fast bewusstlose Frau. Köpplin wendet, um nachzufragen. Eine Begleiterin der Frau fleht ihn an, Hilfe zu holen. Im selben Moment versucht der Täter, das Opfer im Kofferraum seines Autos zu verstauen.

Köpplin blockiert spontan mit seinem Fahrzeug den Wagen – der Täter entkommt zwar rückwärts, aber nur knapp. Statt wegzufahren, ruft Köpplin sofort die Polizei und nimmt die Verfolgung auf – mit Sicherheitsabstand, aber konsequent und im dauernden telefonischen Kontakt mit den Einsatzkräften.

Im Hafengebiet von Schweinfurt endet die Flucht: Die Polizei hat bereits eine Straßensperre eingerichtet, stoppt das Auto, befreit die schwerverletzte Frau und nimmt den Täter fest.

Später wird klar, dass der Angreifer der Ex-Partner der Frau ist. Er hatte sie an einer Bushaltestelle abgepasst und sie brutal mit einem Hammer attackiert. Nur das Zusammenspiel aus schneller medizinischer Versorgung und der konsequenten Verfolgung durch Thomas Köpplin verhindert Schlimmeres – und macht es überhaupt möglich, den Angriff zu stoppen und das Leben der Frau zu retten.

Der Täter wird zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Jury bezeichnet das Vorgehen des 34-Jährigen als „in jeder Hinsicht vorbildlich“: Er habe die Situation richtig eingeschätzt, entschlossen gehandelt, ohne sich selbst unüberlegt zu gefährden, und damit eine Entführung und einen mutmaßlichen Femizid verhindert.

Zivilcourage – aber nicht um jeden Preis

Alle drei Fälle zeigen, dass Zivilcourage nicht bedeutet, blind dazwischenzugehen. Die Preisträger haben:

  • sofort reagiert,
  • den Notruf gewählt,
  • ihre Sicherheit mitgedacht,
  • Täter verfolgt oder blockiert,
  • und sich um die Opfer gekümmert.

Genau diese Mischung – Mut, Aufmerksamkeit, kluges Vorgehen – will der XY-Preis sichtbar machen. Er erinnert daran, dass niemand alles riskieren muss, um zu helfen, dass aber jeder mehr tun kann als nur wegzuschauen.

Mit der Auszeichnung sendet das ZDF gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium auch ein Signal: Zivilcourage ist kein Randthema, sondern Kern einer demokratischen Gesellschaft. Wer hinschaut, Verantwortung übernimmt und Hilfe organisiert, stärkt das Vertrauen in Rechtsstaat und Mitmenschen – und kann im Zweifel Leben retten.

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